1. Nachrichten
  2. Unterhaltung
  3. Bücher
  4. Literatur-Automaten: Kleingeld für ein paar Verse

Literatur-Automaten: Kleingeld für ein paar Verse
  • E-Mail
  • Teilen
  • Mehr
  • Twitter
  • Drucken
  • Fehler melden
    Sie haben einen Fehler gefunden?
    Bitte markieren Sie die entsprechenden Wörter im Text. Mit nur zwei Klicks melden Sie den Fehler der Redaktion.
    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
literatur-automat.de Können Sie wechseln? Für ein bisschen Kleingeld gibt es Literatur aus dem Automaten

Nordrhein-westfälische Raucher können ihr Geld auch sinnvoll einsetzen. Denn ausgediente Zigarettenautomaten von Düsseldorf bis Venlo spenden Lyrik.

In ihrem ersten Leben bedienten sie die Sucht der Raucher, in ihrem zweiten Leben dienen sie der überwiegend jungen Literatur. An mittlerweile rund zwei Dutzend Standorten in Nordrhein-Westfalen wurden ausgediente Zigarettenautomaten getreu dem Motto „Kultur statt Kippe“ zu sogenannten Literaturautomaten umfunktioniert. Für den Packungspreis von zwei Euro können kleine Schachteln gezogen werden, die Gedichte oder Storys von zumeist weniger bekannten Schriftstellern auf kleinen Kärtchen beinhalten.

Neben literarischen Neulingen haben auch in der Szene etablierte Poeten wie Stan Lafleur, Weinrich Weine, Adrian Kasnitz und die bundesweit bekannte Hip-Hop-Truppe Brothers Keepers ihre Texte eingebracht. Brothers Keepers hatten zuvor einen Lyrikwettbewerb ausgeschrieben. Man habe sich Gedanken darüber gemacht, wie man Literatur auch junger Autoren „auf interessante Art präsentieren“ könne, sagt Pamela Granderath, die das Konzept vor zwei Jahren gemeinsam mit weiteren Mitstreitern aus der Taufe hob. Betrieben werden die Automaten vom Düsseldorfer Kulturzentrum zakk in Zusammenarbeit mit ArtConnection.



100 Bewerber pro Jahr

Granderath fördert mit der Düsseldorfer Künstlergruppe ArtConnection den literarischen Nachwuchs, organisiert Poetry Slams und betreibt eine Schreibwerkstatt. „Das Projekt kommt bei Autoren, Lesern und Veranstaltern gleichermaßen gut an, sodass uns pro Jahr rund 100 Bewerbungen erreichen“, erzählt sie weiter. Eine einzige einsame Beschwerde habe es auch schon gegeben: Ein Nutzer hielt den Packungspreis von zwei Euro für zu hoch angesichts der Tatsache, dass es dafür „nur“ fünf Kärtchen mit Gedichten, Aphorismen oder Prosatexten gebe. Sonst sei die Resonanz durchweg positiv. Der Automat an der Heinrich-Heine-Universität werde regelmäßig leer gekauft.


Auch der renommierte Lyriker und Herausgeber Axel Kutsch ist von der Idee angetan. „Es gibt immer wieder begrüßenswerte Versuche, Gedichte in den Alltag zu bringen, beispielsweise per Literaturtelefon oder auf Plakatwänden und Baguettetüten“, findet er. „Poesie aus dem Automaten ist eine originelle Variante, dem Gedicht neue Leserkreise zu erschließen und es aus der Insidernische zu befreien.“

Einzige Vorgabe: kurz

Gerade für Lyriker sind die Automaten eine innovative Möglichkeit zur Selbstvermarktung, da ihre Textboxen auch eine Kurzvita und, falls vorhanden, einen Verweis auf die Autoren-Website enthalten. So kann der Leser, der einmal Feuer gefangen hat, mehr über den jeweiligen Autor und seine Veröffentlichungen erfahren. Für Autoren läuft dauerhaft eine offene Ausschreibung. Es kann sich also jeder bewerben, der seine Texte für stark genug hält und der eine Vorgabe beachtet: Die Texte müssen kurz sein, denn der Platz auf den Literaturkärtchen ist begrenzt.

Nicht vorgeschrieben ist hingegen die Form der Texte. Alle literarischen Gattungen sind willkommen. Befüllt werden die Automaten alle sechs Wochen mit Beiträgen von je fünf Künstlern. Eine „Überraschungsbox“ steht ebenfalls zur Auswahl. Sie enthielt bisher Daumenkinos, Buttons oder Textkarten – von wem, das erfährt man erst, wenn man die Box in Händen hält. Für die optische Gestaltung der Boxen sorgt die polnische Grafikerin Justyna Tuha. „Die Vielfalt der literarischen Genres und Autoren, die unterschiedlichen Themen und nicht zuletzt die bundesweite Teilnahme so vieler Dichter“ begeistern Mitinitiatorin Granderath – die übrigens selbst auch schreibt.
ala/ddp
Sie waren einige Zeit inaktiv, Ihr zuletzt gelesener Artikel wurde hier für Sie gemerkt.
Zurück zum Artikel Zur Startseite
Lesen Sie auch